Es ist Mittwoch, das Wochenende ist also schon fast in Sicht. Heute versüße ich euch den Tag wieder mit einer Geschichte.
Die zweite Chance
Es war ein milder, sonniger Samstagmorgen. Der Weihnachtsmarkt auf dem
Rathausplatz, der zum letzten Mal öffnete, füllte sich mit Menschen. Sie
machten ihre letzten Einkäufe, denn morgen war Heiligabend. Engelbert Schwarz
war, wie so oft, ohne Grund schlecht gelaunt und dachte: ‚Wären diese blöden
Feiertage doch nur schon vorbei.’ Er überquerte den Platz und ging zur
Apotheke.
„Guten Morgen“, begrüßte ihn die Apothekerin freundlich. „Morgen“, murmelte
Engelbert und schob das Rezept hin. „Die Johanniskrauttropfen sind vorrätig,
die Schlaftabletten muss ich bestellen. Bis um zwölf Uhr sind sie da“, wandte
sie sich an den ganz in Schwarz gekleideten Mann. „Dann muss ich noch mal
kommen“, antwortete er mit funkelnden Augen, aber das schüchterte sie nicht
ein. Während sie die Bestellung in den Computer eintippte, musterte er sie. Sie
war um die fünfzig, ungeschminkt und hatte kurze Haare. Äußerlich war das nicht
sein Typ. „Valeria Stern“ las er auf ihrem Namensschild. ‚Ein seltener Name’,
dachte er. „Soll ich die Tropfen einpacken?“, unterbrach sie seine Gedanken.
„Nein!“, antwortete er und griff ungeduldig nach dem Medikament. Dabei streifte
er ihre Hand. Für den Bruchteil einer Sekunde zuckte er zusammen, doch er
fasste sich gleich wieder, steckte die Packung in die Jackentasche und ging
grußlos.
Kurz vor 12 Uhr ging Engelbert wieder zur Apotheke. Als er am
Weihnachtsmarkt vorbeiging, blieb sein Blick an einem Stand mit reduzierten
Weihnachtsgestecken hängen. Er erinnerte sich, wie er früher jedes Jahr mit
seiner Frau hier war, wie sie die Wohnung geschmückt, Plätzchen gebacken und
Geschenke gekauft hatte. Aber dann… Er schluckte, drehte sich um und ging zu
dem Stand zurück. Einen Augenblick zögerte er, doch dann kaufte er ein Gesteck
mit einer dicken roten Kerze und einem kleinen Engel.
Als er die Apotheke betrat, telefonierte Valeria gerade, warf ihm aber ein
kurzes Lächeln zu. „Ja, am Mittwoch um 12 Uhr. Auf Wiederhören.“ Sie wandte
sich ihm zu: „Herr Schwarz, es tut mir wirklich leid, aber der Großhändler
hatte einen Computerausfall. Ihre Tabletten kommen erst nach Weihnachten.“ Sie
sah ihn besänftigend an. „Wenn die Technik streikt, kann man nichts machen.
Probieren Sie es mal mit Baldriantee, er kostet 2,20 Euro.“ Schon wollte
Engelbert seinem Ärger Luft machen, doch ihr freundlicher Blick traf ihn und er
zügelte sich. ‚Das ist lange keiner Frau mehr gelungen’, dachte er verwundert.
Ihre blauen Augen hatten eine magische Wirkung auf ihn. Einen Augenblick
begegneten sich ihre Blicke schweigend. Er legte das Geld hin, sagte:
„Wiedersehen“, und eilte hinaus.
Nachdem Engelbert seine Jacke an die Garderobe gehängt hatte, betrachtete er
sich im Spiegel. ‚Alt sehe ich aus – und griesgrämig. Trotzdem war diese
Valeria Stern nett zu mir, aber das gehört zu ihrem Beruf.’ Seit der Scheidung
vor zwölf Jahren ließ er keine Frau mehr an sich heran. Die meisten Frauen
ergriffen vor seiner Launenhaftigkeit sowieso die Flucht. Und mit zunehmendem
Alter zog er sich immer mehr zurück. Erst jetzt fiel ihm auf, dass er das
Weihnachtsgesteck in der Apotheke vergessen hatte. Er schaute auf die Uhr, das
Geschäft war schon geschlossen.
Nach dem Mittagessen machte sich Engelbert auf den Weg in den Stadtpark. Das
verliebte Paar, das er in letzter Zeit häufiger gesehen hatte, kam ihm Hand in
Hand entgegen. Normalerweise ignorierte er Liebespaare grundsätzlich, doch
heute spürte er einen Schmerz in der Brust. Er setzte sich auf eine Bank und
blickte auf den See, in dem sich die Nachmittagssonne spiegelte. ‚Die Mauer,
die ich um mich errichtet habe, bekommt ein Loch’, dachte er verwundert.
Plötzlich hörte er hinter sich zwei Frauenstimmen näher kommen. „Inzwischen
habe ich mich gut eingelebt, die Apotheke läuft auch gut.“ Er erkannte sie
sofort, das war Valeria. Sein Herz fing an, schneller zu schlagen. „Weißt du,
viele Menschen brauchen eigentlich keine Medikamente gegen
Herzrhythmusstörungen oder Schlaflosigkeit, sondern jemand, der ihnen hilft,
ihren Liebeskummer oder ihre Einsamkeit zu überwinden“, fuhr sie fort. „Gestern
kam ein älterer, griesgrämiger Mann mit Schlafstörungen und Depressionen. Als
ich in seine Augen sah, wusste ich sofort, was ihm fehlte. Er reagierte
erschrocken und ließ sein Weihnachtsgesteck liegen. Ob…“ Engelbert konnte nicht
mehr verstehen, was sie weiter sagte.
Nachdem er sich von dem Schreck erholt hatte, schlenderte er nach Hause. Als
er das Teewasser aufsetzte, bemerkte er, dass er die Johanniskrauttropfen gar
nicht genommen hatte. Die monatelange Niedergeschlagenheit war weg, er fing an,
sich wieder lebendig zu fühlen. Aber gleichzeitig war da auch die Angst vor
einer neuen Enttäuschung. Plötzlich riss ihn die Türklingel aus seinen
Gedanken.
Engelbert erschrak, wer konnte das sein? Er ging zur Sprechanlage. „Hallo? –
Hallo, Herr Schwarz, ich komme von der Rathausapotheke. Sie haben heute Mittag
Ihr Weihnachtsgesteck vergessen.“ Er fing an zu schwitzen. „Hallo?“, rief die
Stimme von unten. „Ja, ich wohne ganz oben.“ Er wischte sich das Gesicht
trocken und machte die Schlafzimmertür zu. Dann öffnete er die Wohnungstür.
Valeria kam gerade die letzte Treppe herauf und sagte schwer atmend: „Ich bin
auch nichts mehr gewöhnt. – Ja, es ist schon ein wenig anstrengend.“ Ihre
Blicke trafen sich. „Ich dachte, ich bringe Ihnen das Weihnachtsgesteck, denn
nach den Feiertagen brauchen Sie es wohl nicht mehr. – Das ist wirklich sehr
nett von Ihnen. Oh, mein Teewasser kocht. Möchten Sie einen Kräutertee?“
Engelbert wunderte sich über seinen plötzlichen Mut. „Ja, gerne“, antwortete
Valeria.
Sie zog den Mantel aus und folgte ihm ihn die Küche. Engelbert stellte die
Tassen und das Gesteck auf den Tisch und zündete die Kerze an. „Jetzt brauchen
wir beide Baldriantee.“ Dann nahm er den Engel von den Tannenzweigen und
stellte ihn vor Valeria. „Sie sind mein Weihnachtsengel“, sagte er lächelnd und
sah sie lange an. Während Valeria schweigend ihren Tee trank, sagte er: „Haben
Sie morgen Nachmittag schon etwas vor? – Nein. – Möchten Sie mit mir um 17 Uhr
in die Christmette in den Dom gehen? – Ja, gerne.“ Engelbert strahlte sie an
und brachte sie zur Tür. „Ich komme um 16.30 Uhr zu Ihnen. Und nach dem
Gottesdienst könnten wir noch zusammen essen. – Sehr gerne.“ Sie
verabschiedeten sich. Engelbert räumte die Kräutertropfen in den Schrank und
spülte die Tassen. Dann ging er zum Kleiderschrank und überlegte, was er morgen
anziehen würde.
(Quelle: Weihnachtswuensche.com)
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Eine schöne Geschichte! Ich setze mein Los Nr. 3.
AntwortenLöschenLG
Annegret
Guten Morgen :)
AntwortenLöschenEine sehr schöne Geschichte :)
Ich setzte hier mein 3. Los ein :D
Wünsch dir einen schönen Tag ;)
LG, Pia
Hallo Ally =)
AntwortenLöschenWieder ein schönes Türchen. Ich setze heute mal mein zweites Los und werde jetzt mal nachschauen, wie viele ich überhaupt habe xD
Liebe Grüße
Hallo
AntwortenLöschenich setze gleich mein drittes Los hinterher :)
Viele Grüße
Hallöle,
AntwortenLöschenich möchte heute mein zweites Los einsetzen :)
Liebe Grüße
Hallihallo :)
AntwortenLöschenIch setzt heute mal mein erstes Los :)
Huhu Ally.
AntwortenLöschenSchöne Geschichte. Ich setze dann mal mein 2. Los.
LG Mandy
Wirklich eine schöne Geschichte :)
AntwortenLöschenich setzte ebenfalls mein 2. Los
Hallo Ally, wieder ein sehr schönes Türchen. Ich setze heute mein drittes Los.
AntwortenLöschenHuhu :)
AntwortenLöschenIch finde die Geschichte sehr rührend :)
Daher hier mein zweites Los :)
Danke nochmal, liebe Ally, für deine Mühe und die tollen Ideen :)
Liebe Grüße,
Mici
Hey Ally,
AntwortenLöschendu hast dir wirklich viel Mühe gemacht. Allein die Banner, die täglich deine Beiträge zieren. Toll :-)
Ich möchte hier gerne mein 2. Los einsetzen.
LG
Danke <3 schön, dass dir die Banner gefallen :D
LöschenDas Türchen ist geschlossen, und das was dahinter steckt wird zwischen euch verlost :D
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