Ich wünsche euch einen wundervollen Sonntag, einen gemütlichen zweiten Advent und ganz viel Spaß beim Lesen von Susannes Geschichte.
Erkenntnisse
Susanne saß an ihrem Schreibtisch vor dem aufgeklappten Laptop, jede Menge
Papierberge stapelten sich rings herum, die alle bearbeitet werden wollten.
Susanne jedoch starrte aus dem Fenster, gänzlich in Gedanken versunken und beobachtete
das Zwielicht, das draußen die Landschaft beherrschte und langsam aber sicher
überging in graue Dämmerung. Kahle Obstbäume reckten ihre schwarzen Äste in den
tristen Himmel, eine vereinzelte Amsel hüpfte durch die herabgefallenen Blätter
und suchte nach Insekten, die vielleicht noch vom Sommer übrig geblieben waren
und sich unter das modrige Laub zurückgezogen hatten.
Zu viel ging Susanne durch den Kopf, als dass sie jetzt hätte arbeiten
können. Nein, es hatte jetzt einfach keinen Zweck, sie war nicht bei der Sache,
konnte sich auf kein Thema wirklich konzentrieren, geschweige denn eine gute
Story abliefern. Seufzend klappte sie den Laptop zu und ging in die Küche, um
sich eine Kanne Tee zu kochen.
Nach einem glanzlosen und viel zu kühlen Sommer war der Herbst schon wieder
ins Land gezogen, vor fast einem Monat hatte Susanne wieder ein Kalenderblatt
abgerissen und der November zeigte unerbittlich, dass das Jahr sich erneut dem
Ende zuneigte und Weihnachten mehr oder weniger vor der Tür stand.
Weihnachten…Der Sinn stand Susanne überhaupt nicht danach. In ihrem Leben
gab es so viele Herausforderungen: Ihre Tochter Nina war vor drei Monaten
abgeflogen in die USA und lebte jetzt für das ganze kommende Jahr bei einer
Familie in New York als Au-pair. Die Zeit vor der Abreise war ausgefüllt mit
Behördengängen und organisatorischen Dingen, Geduld und Gelassenheit waren
gefragt, zwei Tugenden, die nicht gerade zu den herausragendsten Eigenschaften
von Susanne gehörten, an denen sie aber jetzt hinlänglich arbeiten konnte.
Ninas Schwestern Leonie und Sophie, Zwillinge von 14 Jahren, befanden
sich mittlerweile in der Pubertät und konnten, zumindest teilweise, nicht als
zurechnungsfähig eingestuft werden. Einfühlsame Gespräche und auch das
kommentarlose Hinnehmen vieler Äußerungen waren gefragt und brachten Susanne
sehr oft an den Rand der Verzweiflung.
Susanne war ein Mensch, die sich alles sehr zu Herzen nahm. Und gerade
in den letzten Wochen gab es immer wieder Situationen, die sie in einer bisher
so nicht gekannten Weise zum Nachdenken brachten. Das Teewasser kochte, Susanne
schüttete es vorsichtig in die vorgewärmte Kanne mit dem aromatischen
Gewürztee, und sofort erfüllte ein wundervoll wärmender und würziger Duft die
Küche. Sie holte das alte Messingstövchen hervor, tauschte das verbrauchte
Teelicht gegen ein frisches aus, entzündete ein langes Streichholz und brachte
Kanne und Stövchen sowie einen großen Becher ins Wohnzimmer, wo sie sich auf
ihre gemütliche Couch kuschelte.
Es war mittlerweile ganz dunkel geworden, und nachdem Susanne all die
Kerzen, die auf Tisch und Fensterbank standen, auch noch angezündet hatte,
erstrahlte der Raum in warmem, gemütlichen Licht. Susanne saß versonnen
auf dem Sofa und fühlte eine alte, bekannte Traurigkeit in sich aufsteigen. Sie
war es gewohnt, Gegebenheiten, Situationen und vor allem ihre eigenen Gefühle
eingehend zu beleuchten und zu hinterfragen, denn für sie hatte alles im Leben
eine Bedeutung, und Geschehnisse, ganz gleich welcher Art, waren dazu da, aus
ihnen etwas zu lernen. Und Susanne hatte einiges gelernt, konnte mit
vielen Dingen des Lebens schon gelassener umgehen als Jahre zuvor, sie bemühte
sich immer wieder, die Sichtweise der anderen Person einzunehmen und von ihrem
eigenen Schmerz auch einmal abzusehen.
Über all die Jahre zog sich aber ein Thema wie ein roter Faden durch
Susannes Leben: Das Verhältnis zwischen Susanne und ihrer Mutter. Obwohl
sie sich liebten, so wurde das tägliche Leben in ihrer Kindheit bestimmt von
Querelen und Unverständnis auf beiden Seiten. Als Susanne dann älter und
rebellisch wurde, eskalierte so manche Situation auf unerträgliche Weise, und
das ging eigentlich all die Jahre so weiter, immer wieder, auch wenn sich
Mutter und Tochter auch wieder versöhnen konnten.
Nachdenklich goss sich Susanne noch Tee ein und legte ihre Hände um den
heißen Becher.
Sie ließ das Leben mit ihrer eigenen Tochter Nina Revue passieren. Gerade in
dem Jahr vor Ninas Abreise in die USA war auch ihr Verhältnis häufig
unerträglich gewesen. Immer und immer wieder Diskussionen, Streit und
Verletzungen auf beiden Seiten. Susanne nippte an ihrem nunmehr lauwarmen
Tee und lächelte plötzlich versonnen. Wie oft hatte sie selbst in der letzten
Zeit geweint über Ninas Verhalten ihr gegenüber. Aber erinnerte sie das nicht auch
daran, dass sie sich genau wie ihre Mutter damals gefühlt hatte?
Ach, Mutti! Susanne wollte von ihren Kindern immer mit Mama angesprochen
werden, aber ihre eigene Mutter war eben immer ihre “Mutti”! Susanne
fühlte Tränen in ihre Augen schießen. Sie blinzelte und sah nach draußen. Nein,
sie täuschte sich nicht: Es hatte begonnen zu schneien, ganz leise und sanft.
Der Garten war in Dunkelheit gehüllt, aber die Lampe an der Tür des Nachbarn
schimmerte leicht und ließ erkennen, dass große, weiche Flocken vom Himmel
fielen.
In Susannes Traurigkeit mischten sich plötzlich Zuversicht, Klarheit und
eine Form der Erkenntnis, die sie förmlich beflügelte. Es war eine
Erkenntnis, die nicht nur vom Kopf her erfasst wurde, sondern die tief in ihr
Herz gesunken war und von dort auch wieder aufstieg in ihr ganzes Bewusstsein.
Susanne wurde von dem Gefühl durchdrungen, ihre eigene Mutter zum ersten Mal
ganz und gar zu verstehen, zu begreifen, was immer in ihr vorgegangen war. Das,
was sie sich von ihrer Tochter Nina gewünscht hatte, nämlich verständnisvolle
Gespräche und ab und zu mal ein bisschen Gnade ihr gegenüber, das hatte Susanne
selbst doch ihrer Mutter nie gegeben, nie. Wie oft hatte ihre “Mutti” geweint,
und Susanne war immer nur genervt gewesen. Bei aller Sensibilität – Susanne
hatte sich viel zu wenig – wenn überhaupt – die Mühe gemacht, sich in die Seele
ihrer Mutter hineinzufühlen.
Aber jetzt, an diesem Sonntagabend, kurz vor Weihnachten, spielte sich in
Susannes Inneren fast so etwas wie eine Erleuchtung ab, ja, das war es
wohl. Sie war allein im Haus, Leonie und Sophie bei Freundinnen, Nina weit
weg, jenseits des Ozeans. Und Susannes Traurigkeit und Melancholie lösten sich
in diesem Moment auf und verschwanden einfach.
Susanne faltete die Hände zu einem stillen aber jubelnden Gebet und bedankte
sich bei ihrem ganz persönlichen Engel. Sie sah auf und fühlte sich
geborgen in all dem Kerzenlicht und der Wärme, die sie umgab.
Plötzlich fühlte sie sich weihnachtlich, spürte Freude und Zuversicht. Jetzt
war der Zeitpunkt gekommen, wo sie die Weihnachtsdeko hervor holen und sich auf
die Festtage einstimmen konnte. Und einem Impuls folgend, griff sie zum Telefon, um Ihre Mutti anzurufen und ihr vorzuschlagen, die Weihnachtsfeiertage gemeinsam und mit ihr und den Zwillingen zu verbringen.
(Quelle: Weihnachtswuensche.com)
(Quelle: Weihnachtswuensche.com)
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Hier kommt mein 2. Los (:
AntwortenLöschenEin sehr schöner Beitrag, liebe Ally ♥
Wünsche dir einen angenehmen Adventssonntag
Auch ich möchte heute mal mein 1. Los setzen :)
AntwortenLöschenWünsche dir auch einen schönen Advent!
Liebe Grüße,
Mici
jaja das Verhältnis zur Mutter ist meistens nicht so einfach und hat oft zwei Seiten.
AntwortenLöschenIst bei mir auch so und so wie ich das mitbekomme, ist das bei echt vielen Leuten so.
Schönen Adventabend noch =)
(2.Los)
LG, Anja =)
Seit ich mein eigenes Heim hab, hab ich richtig festgestellt, das ich bestimmt zu 80% wie meine Mutter.
AntwortenLöschenLiebe Grüße und einen schönen 2 Advent
Sarah
.
Schöne Erzählung
AntwortenLöschen3.Los
glg
Toll :) Da lasse ich doch direkt mein 2. Los da.
AntwortenLöschenLG :)
Eine schöne Erzählung! Dafür lasse ich mein 2. Los frei.
AntwortenLöschenLG
Annegret
Danke ihr Lieben <3.
AntwortenLöschenDas Türchen ist geschlossen und das was sich dahinter verbirgt, wird zwischen euch verlost :)