Das Herz ist wie ein Buch, manche dürfen einen Moment darin blättern, einige
dürfen es sich für eine gewisse Zeit ausleihen, aber nur ganz wenigen schenkt man es!

Nicht weg und nicht da - Anne Freytag - Rezension

https://www.randomhouse.de/Buch/Nicht-weg-und-nicht-da/Anne-Freytag/Heyne-fliegt/e529588.rhd

Verlag: Heyne fliegt
Hardcover
ISBN: 978-3-453-27159-3
Seiten: 476
Preis: 16,00 €
Übersetzung: -
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Wenn ich eines gelernt habe, dann, dass Zeit nicht wiederkommt. Das eine Minute nach der anderen unerbittlich aus unserem Leben stirbt und dass wir jeden Moment aufs Neue entscheiden müssen, ob wir sie verschwenden oder nutzen. (Seite 187) 

„Sei einfach so, wie Du immer bist. Das macht Menschen glücklich.“ 
(Seite 195)

„Ich glaube, irgendetwas bleibt. Und dieses Etwas von mir ist immer bei dir. Und das wird es immer sein.“ 
(Seite 205)

Denk immer daran, Lise, man ist immer nur eine Entscheidung von einem völlig anderen Leben entfernt. (Seite 220)

„They tried to bury us. They didn't know we were seeds“ – Mexikanisches Sprichwort (Seite 473)
(Sie haben versucht uns zu begraben. Sie wussten nicht, dass wir Samen waren)


Luise ist nach dem Tod ihres Bruders Kristopher am Boden zerstört. Sie kann nicht begreifen, wie es soweit kommen konnte. Die Teenagerin rasiert sich die Haare raspelkurz und lässt niemanden mehr an sich heran. Doch dann bekommt Luise an ihrem 16. Geburtstag die erste Email von Kristopher aus der "Zwischenwelt". So vertraut sie sich letztendlich doch dem verschlossenen und introvertierten Jacob an, der seit ihrer ersten Begegnung von Luise fasziniert ist. Mit Jacob an ihrer Seite und den in gewissen Abständen folgenden Mails, kämpft sich die junge Frau trotz tiefer Traurigkeit und vieler emotionaler Momente, langsam wieder zurück in ihr Leben und entdeckt die Welt und sich vollkommen neu. 


Wie sehr ich Anne Freytags Bücher liebe, ist alles andere als ein Geheimnis. Ihre Art des Erzählens ist so besonders und unter die Haut gehend, sodass ich auch „Nicht weg und nicht da“ kaum aus der Hand legen konnte. Ich wurde ein weiteres Mal von diesem ganz eigenen „Freytag-Charme“ eingehüllt und habe es, trotz des extrem traurigen Grundthemas, wahnsinnig genossen, dieses Buch zu lesen. Denn auch wenn die Protagonisten in den Romanen der Autorin meist vor extrem emotionalen Herausforderungen stehen, zeigt sie einem stets auf, wie schön und voller Wunder die Welt ist. 

Als Luise das erste Mal auf Jacob trifft, ist ihr Leben vollkommen aus den Angeln gerissen. Ihr Bruder Kristopher ist erst wenige Wochen tot, was die Teenagerin noch immer kaum begreifen kann. Sie gibt sich die Schuld und bekommt die Bilder des toten Bruders nicht mehr aus dem Kopf. Luise versucht mehr schlecht als recht durch den Tag zu kommen und versteckt ihre Gefühle hinter einer dicken Mauer. Sie ist verschlossen und verschanzt sich die meiste Zeit. Auch Jacob ist gerne alleine und lässt außer seinem großen Bruder niemanden an sich heran. Vom ersten Moment an ist Jacob von Luise fasziniert, da sich mit ihr auch schweigen richtig anfühlt. Als Luise von ihrem Bruder Kristopher Emails aus der "Zwischenwelt" erhält, ist es Jacob, den sie auch an deren Inhalten und den damit verbundenen Aufgaben teilhaben lässt. Die beiden erleben viele traurige und seitens Luise auch tränenreiche Tage, die von den unterschiedlichsten, teils auch kräftezehrenden Gefühlen geprägt sind. Ganz langsam und mit zitternden, wackeligen Schritten kämpft sich Luise wieder zurück in einen Alltag ohne ihren Bruder. Gemeinsam mit Jacob und Kristophers kleinen Botschaften und Weisheiten, beginnt die junge Frau ihr Leben wieder in die Hand und die schönen Dinge darin wahrzunehmen. Auch Jakob findet dank Luise zu sich selbst, und auch sein Leben wendet sich immer mehr zum Positiven. 

Ich mochte die so taff wirkende Luise mit ihren Millimeter kurzen Haaren, die im Inneren, bedingt durch den schweren Verlust des Bruders, sehr zerbrechlich ist, von Anfang an sehr. Ich konnte ihre Gefühle, ihre Ängste und ihren nie enden wollenden Schmerz vollkommen nachvollziehen. Luise fühlt sich im Stich gelassen. Ihre Mutter stürzt sich in ihre Arbeit als OP-Schwester, sodass Luise einsam und alleine ist. Mutter und Tochter gehen sich in der wenigen Zeit, die sie gemeinsam verbringen, auch meist aus dem Weg, so kämpft jede verbissen mit den eigenen Dämonen. Kristopher war immer das Sorgenkind der Familie, wohingegen Luise sich stets angepasst und ihre eigenen Bedürfnisse hintenangestellt hat. Dies wird durch die Lücke, die Kristopher hinterlassen hat, mehr als deutlich. So müssen sich Mutter und Tochter nach dem Zerfall der Familie plötzlich miteinander befassen, auch dafür sorgt er. Außerdem besucht Luise einmal wöchentlich einen Psychologen, auch dieser Aspekt fließt wie selbstverständlich in die Geschichte ein. Zunächst helfen Luise die Treffen nur bedingt, aber umso öfter sie Dr. Falkstein aufsucht, umso mehr trägt auch er zu ihrem Heilungsprozess bei. 

Auch Jacob habe ich sehr ins Herz geschlossen. Er hat in seiner Vergangenheit Dinge erlebt, die auch ihn gegenüber anderen Menschen eher auf Abstand gehen lassen. Er ist ein absoluter Mädchentyp, macht sich aber aus keiner seiner Verabredungen etwas oder entwickelt gar stärkere Gefühle für die Mädchen. Dies ändert sich erst, als er Luise trifft, die beiden passen einfach perfekt zueinander. Viele ihrer Gespräche führen sie nur durch Blickkontakt oder durch die schlichte Anwesenheit des jeweils anderen. Ich mochte es unglaublich gerne, wie oft Jakob Luise einfach nur in den Arm nimmt und festhält, sie tröstet und in den richtigen Augenblicken das Wort ergreift. Doch auch Luise gibt ihm halt und bestärkt Jacob. Ganz langsam weichen der Zorn, die Wut, die Verzweiflung und die Trauer und machen Vertrauen, Geborgenheit und Liebe Platz. Es war so schön, die beiden auf ihrem gemeinsamen Weg zu begleiten und ein Teil von ihnen zu werden. Auch die Liebesgeschichte ist absolut authentisch, da die Gefühle langsam und nach und nach entstehen. So ist diese nie kitschig, aber trotzdem wunderschön. Die Entwicklung, die vor allem Luise durchmacht, ist enorm. Und auch die Trauerbewältigungsphase ist so greifbar, sodass ich diese beinahe selbst durchlaufen habe.

Anne Freytags Protagonisten sind immer sehr vielschichtig, echt, sehr menschlich und aus dem Leben gegriffen, so auch in „Nicht weg und nicht da“. Sie sind für mich immer komplett real, was so wichtig für eine gute Geschichte ist. Auch die weiteren Charaktere, allen voran Jacobs Bruder Arthur, seine Freundin Julia und Luises beste Freundin Ming, die in Berlin lebt, bereichern diesen Roman ungemein und sind ein sehr fester Bestandteil dieses grandiosen Buches. 

Kristophers Emails sind wahnsinnig berührend und gehen extrem unter die Haut. Anne Freytag bringt Luise und ihren Lesern auf sehr behutsamen Weise Kristophers Seelenheil nahe, sodass man ihn verstehen, seine Handlungen nachvollziehen und sich auch in ihn hineinversetzen kann. Auch die geschwisterliche Liebe und Verbundenheit beschreibt die Autorin sehr einfühlsam. Ich spürte diese, sowie Luise und Jacobs Zusammengehörigkeit bis ins Mark. 

Natürlich darf auch die obligatorische Playlist nicht fehlen. In jeder Zeile wird dem Leser die Wichtigkeit einzelner Songs und der Musik im Allgemeinen bewusst. Außerdem greift Anne Freytag eine ganz wundervolle Mexikanische Tradition auf, was mir unglaublich gut gefallen hat. Die Kapitel sind, wie gewohnt, schön kurz und werden abwechselnd aus der Sicht von Luise und Jacob erzählt, was ich ebenfalls extrem gerne mag. Auch die wundervolle Aufmachung des Buches, sowohl innen als auch außen, spiegeln den Inhalt perfekt wieder. 

Je weiter ist las, je mehr hüllte mich der poetische, sehr nahe gehende Schreibstil der Autorin ein. Ich fühlte die alles umfassende Traurigkeit, die aber immer wieder auch durch Freude und wahre Glücksmomente durchdrungen wird. Anne Freytag berührt mich nicht nur mit jeder weiteren Geschichte aufs Neue, sie dringt tief in mein Herz ein und lässt es vor Glück und Liebe weinen und lachen gleichzeitig. 

Das Ende ist gewohnt berührend, für mich wie immer tränenreich, wunderschön und einzigartig!!! 


„Nicht weg und nicht da“ hat unauslöschliche Spuren in mir hinterlassen. Der Balanceakt zwischen einer wundervollen Liebesgeschichte und der Alltagsbewältigung nach dem Tod des Bruders, zwischen Angst, Verletztheit, Wut, Hilflosigkeit, unendlicher Trauer, aber auch Glücksgefühlen, Zusammengehörigkeit und tiefer Verbundenheit, ist der Autorin mehr als perfekt gelungen. Anne Freytag hat erneut ein buchisches Highlight geschaffen, mit welchem sie die Leserwelt ein weiteres Mal ungemein bereichert.  

5/5 Flügeln und das Krönchen für Luise, Jacob und Kristopher!




  Gemäß § 2 Nr. 5 TMG kennzeichne ich diese Rezension als Werbung. In meinem Beitrag befindet sich (zu informativen Zwecken) eine Verlinkung zur Webseite des Verlags, in welchem das Buch erschienen ist. Ihr erhaltet somit auch weitere Informationen zum Buch, zum Autor, sowie eventuell auch zu weiteren Romanen.

10 Kommentare:

  1. Huhu meine libeste Ally <3,

    eine wahnsinnig schöne Rezension von dir, die mir dieses Buch absolut schmackhaft macht. Ich meine es war sowieso klar, dass dieses Werk bald bei mir einziehen wird, aber durch deine bezaubernde Rezi muss ich es ganz dringend kaufen. Die Geschichte klingt so wahnsinnig berührend und da bin ich mir sicher, dass es mir ähnlich geht wie dir. Luise klingt auch nach einem ganz tollen Mädchen, so wie Annes Figuren einfach sind. Und die Idee mit der Playlist finde ich auch wahnsinnig schön.

    Es freut mich so mega, dass dich Anne erneut begeistern konnte, so sehr sogar, dass es ein Krönchenbuch geworden ist. Tausend Dank für deine Rezi, die mich jedes Wort glauben lässt <3

    Liebste Grüße und fühle dich gedrückt,
    deine Cata

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    1. Huhu meine liebste Cata, <3

      vielen, vielen Dank für dein liebes Kompliment :). Ich weiß, dass dir die Geschichte auch extrem gut gefallen wird. Die Geschichte ist wirklich sehr berührend und Luise ist eine ganz besondere Protagonistin, eine typische Anne-Figur :D. Ihre Playlists mag ich auch immer sehr gerne.

      Ich konnte daher nicht anders, als ein Krönchen zu vergeben <3

      Dir nochmals tausend Dank!

      Fühle dich ebenfalls ganz feste gedrückt,
      deine Ally

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  2. Hallo Prinzessin <3,

    eine sehr schöne Rezension dir sehr neugierig auf das Buch und die Geschichte macht. Wie du ja schon weißt, möchte ich das Buch auf jeden Fall auch noch lesen, da mir Anne´s Schreibstil ebenfalls sehr gut gefällt.

    Und ich kann Cata nur zustimmen, man möchte am liebsten sofort in die nächste Buchhandlung laufen und sich das Buch kaufen :)

    Drück dich, Küsschen,
    Uwe

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    1. Hallo Schnuffi, <3

      vielen lieben Dank, so soll das sein! Die Geschichte wird dir sicher auch gefallen und Annes Schreibstil ist wirklich einmalig. Es freut mich sehr, dass du am liebsten die nächste Buchhandlung stürmen willst.

      Drück dich, Küsschen,
      Ally

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  3. Hallo liebe Ally,

    das hört sich einfach wundervoll und nach einem ganz besonderen Buch an. Deine Rezension berührt einen beim Lesen sehr, vielen Dank dafür!

    Liebe Grüße
    Desiree

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    1. Hallo liebe Desiree,

      ja, es ist wirklich ein ganz besonderes Buch :) Ich danke dir sehr für deinen lieben Kommentar und es freut mich extrem, dass ich dich berühren konnte.

      Liebe Grüße,
      Ally

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  4. Eine wundervolle Rezension, liebe Ally! Ich freue mich wahnsinnig auf das Buch :)

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  5. Juhu meine liebste Ally ;)

    Ein Buch voller schöner Zitate. Ich hatte schon Gänsehaut bei deiner Auswahl. Wie wird es dann erst beim Lesen sein. :D
    Ich werde es auch noch lesen müssen. Deine Rezi macht so neugierig. :)

    Herzliche Grüße Sasija aus der Tardis ♡

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    1. Huhu meine liebste Sasija, <3

      ja, dass ist es definitiv, ich könnte das ganze Buch zitieren :) Du wirst es garantiert auch lieben und es freut mich sehr, dass ich dich neugierig machen konnte.

      Liebste Grüße,
      Ally

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Ich danke dir für deinen Besuch und würde mich sehr über einen Kommentar freuen.


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