Licht und Schatten - Zoran Drvenkar - Rezension

Verlag: Beltz & Gelberg

Hardcover

ISBN: 978-3-407-75462-2

Seiten: 579

Preis: 19,95 €

Übersetzung: - 

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In einer eiskalten Winternacht im Jahr 1704 wird ein ganz besonderes Mädchen geboren auf das sowohl die Guten, wie auch die Bösen, die ihr nach dem Leben trachten, lange Zeit gewartet haben. Noch in derselben Stunde schließt ihre Mutter für immer die Augen.

Vida hört die Stimmen der Toten, ihr Schicksal ist es, das Licht auf die Welt zurückzubringen. Schon in jungen Jahren sucht sie nach der Wahrheit und wird von klein auf von ihren Tanten unterrichtet. Sie lehren Vida unter anderem die verschiedenen Mudras und zeigen ihr, wie sie es schafft, sich ohne Waffen zu verteidigen. Dies bleibt allerdings nicht unerkannt, und so beginnt für die junge Frau, ihren Vater und die drei Tanten ein Wettlauf gegen die Zeit. 

Da ich bisher noch kein Buch des Autors Zoran Drvenkar gelesen habe und mir bedingt durch die Inhaltsbeschreibung nur wage vorstellen konnte, was mich erwartet, war ich extrem gespannt auf „Licht und Schatten“. Schon nach den ersten Zeilen fielen mir der außergewöhnliche Schreibstil des Autors und seine ganz spezielle Art des Erzählens auf.  

Die Geschichte beginnt behutsam, gleichermaßen aber auch gewaltig, denn die kleine Vida wird geboren. Nach nur wenigen Minuten schließt ihre Mutter Yrma daraufhin für immer die Augen. So ist die Stimmung bedrückend und dennoch voller Hoffnung, da den Eltern von Beginn an bewusst war, das Yrma sterben muss, damit ihre Tochter, die Retterin der Welt und Lichtbringerin, ihre Aufgabe erfüllen kann. Die Bösen und Dunklen trachten der kleinen Vida nach dem Leben, sodass diese zunächst einige Jahre versteckt in einem kleinen Dorf in Sibirien in Mitten der Natur aufwächst. Ihr Vater lehrt Vida das Leben und seine Handwerkskunst und ihre drei Tanten unterrichten sie in allen anderen, auch magischen, Dingen. Durch einige Umstände ist Vida im zarten Alter von dreizehn Jahren nicht mehr länger sicher in ihrem bisherigen zu Hause, sodass die Familie flieht und sich dem größten und wichtigsten Abenteuer seit Menschengedenken gegenübersieht. 

Die komplette Atmosphäre, der Aufbau des Buches, das Setting, die darin vorkommenden Figuren und die Handlung an sich, erinnerten mich an ein altes russisches Märchen. So war es für mich auch keineswegs verwunderlich, das Teile aus der Sicht eines Bären erzählt werden. Ein wenig skurril ist die Story auch, was ich in der Regel nicht wirklich mag, bei „Licht und Schatten“ passt dies aber. Denn gerade das etwas Seltsame trägt die Geschichte unter anderem und macht sie wirklich besonders und einmalig. Lange Zeit bleibt der Handlungsort derselbe. Der Leser befindet sich mit Vida in dem kleinen Dörfchen, in der Schmiede des Vaters, im Haus der Tanten, oder in der Natur. Vida kennt keine Angst und hat tiefes Vertrauen in sich selbst. Sie ist ein absoluter Freigeist, so kommt es auch oft vor, dass das Mädchen draußen irgendwo übernachtet, während sie ihre Welt erkundet. Auf diesen Streifzügen begegnet ihr auch der Tod in Form verstorbener Menschen, die sie um Hilfe bitten. Für Vida ist dies nicht weiter ungewöhnlich, erst später wird ihr erklärt, dass dies die Kräfte ihrer Mutter sind, die sie nun in sich trägt. 

Die Erzählungen zu Anfang sind sehr ruhig, es passiert wenig und gleichzeitig doch so viel. Zoran Drvenkar spielt mit den Gedanken seiner Leser, und zieht sie dabei tief in sein Werk hinein, zumindest ist es mir so ergangen. Ich fühlte mich mit Vida verbunden und habe dieses kleine, ungewöhnliche Mädchen, das im Laufe der Zeit zu einer jungen Frau heranwächst, ins Herz geschlossen. Sie ist sehr eigenwillig und auch eigensinnig, hat einen unbändigen Willen und wirkt oft sehr alt und weise. Das Buch steckt voller Magie, die teilweise aber versteckt und im Verborgenen wirkt. Es geschehen viele sonderbare Dinge, es wird gruselig und auch ein wenig makaber. Die Sprache des Autors ist gefühlvoll, poetisch, leise, aber auch mit lauten Tönen durchsetzt. Die Menschlichkeit wird großgeschrieben, sie begegnet einem in Form von Vidas gütigen Tanten, ihrem herzlichen Vater und einigen anderen, die Vida zur Seite stehen. Die Charaktere sind alle ungewöhnlich und oft ganz anders, als es auf den ersten Blick erscheint. Zoran Drvenkar appelliert an die Moral und weist in vielen kleinen verstecken Botschaften darauf hin, was wirklich wichtig ist. Auch die Liebe in ihrer tiefsten und reinsten Form, zeigt sich vor allem in den starken Familienbanden. Doch auch das ultimative Böse steht im Fokus, sodass die Story oft düster ist. Ich habe viele Passagen am Stück gelesen und doch kam ich deutlich langsamer voran, als bei einem anderen Buch derselben Seitenanzahl. „Licht und Schatten“ ist kein Roman, den man so einfach weg liest. Er muss sich entfalten und braucht viel Raum. Die Geschichte hinter der Geschichte ist groß, episch und beinahe unvorstellbar gewaltig. Das Niveau ist hoch und der Inhalt definitiv komplex, er geht über Zeitebenen und Dimensionen hinaus. Dadurch ist er manchmal auch ein wenig schwer greifbar und nicht alles erschließt sich so ohne weiteres.

Das Ende ist sehr emotional, gewaltig und wirkt lange nach. Der Roman könnte an dieser Stelle enden oder aber noch ewig weiter gehen. Zum einen finde ich das Buch genial und doch hat mir manchmal etwas gefehlt, dass ich nicht wirklich in Worte fassen kann. Eines steht aber definitiv fest, „Licht & Schatten“ ist absolut außergewöhnlich!

 

Mit „Licht und Schatten“ hat Zoran Drvenkar ein Fantasy-Epos geschaffen, dass unverwechselbar ist. Die Geschichte ist gleichermaßen brillant wie verwirrend, mitreißend und erschreckend, genial und grausam, gefühlvoll und überwältigend, melancholisch und von Liebe geprägt. Der Autor vereint all diese Komponenten und auch offensichtliche Gegensätze miteinander und verwebt sie zu einem großen Ganzen. Die Charaktere haben Tiefgang und eine starke Ausstrahlung, wie es selten der Fall ist. Das Setting und die Magie hüllen den Leser ein, der Inhalt regt zum Nachdenken an und lässt einen so schnell auch nicht mehr los. 

4/5 Flügeln für Vida und ihre Bestimmung! 

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