Als Kind sieht Julian die unterschiedlichsten Trugbilder bei Menschen, die er nicht deuten kann und die ihn daher sehr erschrecken. Deshalb ist er dauerhaft in Therapie und bekommt starke Medikamente, durch die die Bilder verschwinden. Jahre später, gestehen ihm seine Eltern mehr Freiheiten zu, sodass Julian studieren und dazu sogar in ein Studentenwohnheim ziehen darf. Bei einem Klassentreffen allerdings, wird Julian mit einer schockierenden Erkenntnis konfrontiert, eine Mitschülerin hatte einen Unfall und sie wurde genau da verletzt, wo Julian die Maker, wie er seine Trugbilder auch nennt, gesehen hat. Als sich ein weiterer Unfall ereignet, braucht Julian Klarheit, weshalb er eine folgenschwere Entscheidung trifft. Er muss wissen, ob er durch das Sehen besagter Trugbilder und somit seiner Visionen, schlimme Ereignisse verhindern kann.
Da ich die Jugendthriller von Ursula Poznanski extrem gerne lese, war ich sehr auf „Oracle“ gespannt. Die Autorin hat stets geniale Ideen, die sie gekonnt in eine Geschichte einbindet, so auch bei diesem Buch.
Zunächst lernte ich Julian kennen, der in seiner Kindheit merkwürdige Erscheinungen, sogenannte Trugbilder, gesehen hat. Manche Menschen waren damals beinahe komplett von roten Schlieren, oder stellenweise von schwarzen Balken bedeckt oder von Nebel umgeben, der bei besonders fiesen Personen sogar aus den Augen „geschossen“ kam und um diese herumwaberte. All dies hat den Jungen sehr verstört, weshalb er bereits seit Jahren in Therapie ist und starke Medikamente nimmt. Durch die Einnahme dieser, sind die Trugbilder komplett verschwunden, weshalb ihm seine Therapeutin Sonja stets versichert, dass diese nur seinen vertreten Hirnwindungen entsprungen sind und nie real waren. Sonja hält sich nur an Fakten und glaubt nicht an mystisches oder gar Übernatürliches.
Da Julian mit seinen Medikamenten gut zurechtkommt und Sonjas fachliche Meinung akzeptieren kann, gestehen ihm seine Eltern mehr Freiheiten zu. Julian darf studieren und in ein Studentenwohnheim ziehen. Dort teilt er sich das Zimmer mit dem farbenprächtigen Robin, der Julian so nimmt wie er ist und auch mit seiner Angststörung, die Julian zunächst vorgibt zu haben, gut klarkommt. Julian hat zwar nach wie vor Schwierigkeiten neue Leute kennenzulernen, da es ihm unheimlich schwerfällt, diese direkt anzublicken, dennoch schafft er es bald, immer besser zu kommunizieren, da die Uni ein unbelasteter Neuanfang für ihn bedeutet.
Doch dann naht das Klassentreffen seiner ehemaligen Schule, das Julian nach einigem hin und her tatsächlich besucht. Seine ehemaligen Mitschüler*innen nehmen ihn freundlich auf und entschuldigen sich sogar bei Julian für deren Verhalten als Kinder und für das Mobbing. Nur Lars, ein besonderer Fiesling und Wichtigtuer, stichelt weiterhin und stellt Julian unangenehme Fragen. Wirklich schockiert ist Julian über die Tatsache, dass eine seiner damaligen Mitschülerinnen, bei deren Beinen er immer nur rote Schlieren wahrgenommen hat, nun im Rollstuhl sitzt. Als ein weiterer ehemaliger Mitschüler einen Unfall hat und genau die Stellen betroffen sind, an denen Julian immer schwarze Balken gesehen hat, muss dieser Klarheit haben. Julian setzt seine Medikamente ab, was zur Folge hat, dass die Marker, wie er seine Trugbilder nennt, wieder sehen kann und ihn in einige brenzlige und unangenehme Situationen bringen.
Die Thematik der mysteriösen Trugbilder und die daraus resultierenden Dinge, die geschehen, fand ich unglaublich interessant ebenso wie die Tatsache, dass sich hinter den Trugbildern doch mehr verbirgt als zunächst gedacht. Mir tat Julian, der als Kind sehr unter besagten Trugbildern gelitten hat, wahnsinnig leid. Zumal ihn diese auch sein ganzes Leben extrem beeinflusst und ihn als Kind verständlicherweise sehr verstörten und Angst gemacht haben. Jahrelange Therapiesitzungen, ein einsames Leben ohne Freunde und dauerhafte Verunsicherung, sind bis ins Erwachsenenleben hinein, ständige Begleiter. Umso mehr freute ich mich mit Julian, der im Studentenwohnheim endlich die Chance bekommt eigenständig zu sein und neu anzufangen. Dies gelingt ihm nach einigen kleineren Startschwierigkeiten recht gut, denn Robin sein Mitbewohner, der sich gerne extravagant stylt und schminkt, nimmt Julian herzlich auf. Und auch Pia und ihr Hund Kinski, werden für Julian schnell sehr wichtig und erden diesen enorm. Alles könnte daher gut laufen, doch dann sind die Trugbilder wieder da, was interessante Wendungen mit sich bringt.
Durch die Marker, die Julian definitiv an manchen Menschen sieht, wird die Geschichte mysteriöser und vor allem auch übersinnlich, denn logisch erklären, lassen sich diese nicht. Da Julian inzwischen kein Kind mehr ist, nimmt er die Trugbilder anders wahr. Auch wenn sie ihm immer noch etwas Angst machen, will er diese vor allem verstehen und deren Bedeutungen herausfinden, was gar nicht so einfach ist und ihn vor so einige Herausforderungen stellt. Als Julian durch sein beherztes Eingreifen aber tatsächlich etwas bewirkt, weiht er letztendlich Robin ein. Die Ereignisse nehmen immer mehr an Fahrt auf, verselbständigen sich und bekommen dadurch zum Teil eine Eigendynamik, die Julian nicht mehr aufhalten kann und gipfeln schließlich auch in einem mitreißenden Showdown.
Ich mochte Julian sehr gerne, auch wenn er manchmal Entscheidungen trifft, die doch etwas fragwürdig sind. Dennoch konnte ich zumindest meist verstehen, warum er handelt wie er es tut. Seine Sorgen und Ängste gingen mir auch definitiv nah, sodass ich mit ihm fühlte. Auch dass er die Medikamente absetzt, ist eine logische Schlussfolgerung, da er Antworten braucht und den anderen helfen möchte. Dies aber ohne Rücksprache zu tun, sehe ich, auch wenn es auch hierfür Gründe gibt, doch sehr kritisch. Eine Mitstudentin warnt ihn zwar und er verspürt auch Nebenwirkungen, dennoch hätte ich mir hier noch mehr Aufklärung gewünscht. Gut wiederum ist, dass Ursula Poznanski psychische Erkrankungen thematisiert, da es wichtig ist darüber zu sprechen und diese auch ernst zu nehmen. Insgesamt sind die Charaktere, allen voran Julian, aber auch Robin und Pia, sowie Therapeutin Sonja und auch Lars gut ausgearbeitet.
Da Julian oft mit sich hadert und dadurch viel grübelt und natürlich auch die zwischenmenschlichen Beziehungen und das Studentenleben eine größere Rolle spielen, gibt es auch ruhigere Szenen, die ich aber auch gerne mochte. Einige Charaktere wissen von Julians Gabe und sind somit auch zum Teil involviert, was wiederum Schwung in die Geschichte bringt, denn jeder geht anders damit um, manche glauben daran, andere sind zwiegespalten, wiederum andere belächeln Julian, was diesen zum Verhängnis wird.
Ich hätte mir generell noch etwas mehr Überraschungen, Nervenkitzel und Spannung gewünscht, so richtig rasant wird es erst am Ende. Auch in Bezug auf Lars und Armin die beiden Antagonisten, wäre dies toll gewesen. Beide kommen am Ende auch ungeschoren davon, sprich zu leicht weg. Lars spürt kaum Konsequenzen für sein unmögliches, bescheuertes Handeln und sein Gehabe und auch Armin, der eigentliche Bösewicht, kann im Prinzip weitermachen wie bisher. In Bezug auf ihn, fand ich auch Sonjas Reaktion viel zu nachsichtig.
Leider war ich auch mit der Auflösung rund um Julians Trugbilder nicht komplett zufrieden. Für mich blieben zu viele Fragen offen bzw. müssen die Leser*innen manches einfach hinnehmen. Insgesamt hatte ich aber dennoch tolle Lesestunden und habe die Zeit gerne mit Julian verbracht.
„Oracle“ von Ursula Poznanski erzählt die Geschichte von Julian, der nach dem absetzen seiner Medikamente wieder seine Trugbilder, wie auch bereits in der Kindheit, sieht. Diese weisen ihn, so wird ihm erst im Erwachsenenalter klar, auf Gefahren hin, die anderen passieren werden. Als er dies realisiert hat, katapultiert er sich selbst in brenzlige und verzwickte Situationen, in die letztendlich auch die Menschen involviert werden, die ihm etwas bedeuten. Das wiederum bringt eine interessante Geschichte und ein mitreißendes Finale mit sich.
Ich vergebe 4/5 Flügel/Schwingen für diesen Einzelband!
Gemäß § 2 Nr. 5 TMG kennzeichne ich diese Rezension als Werbung. In
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Schönen guten Morgen!
AntwortenLöschenVielen Dank für deine ausführlichen Einblicke! Die wenigen Rezensionen bisher haben mir zwar Ansätze gegeben, aber ich finde, du hast mir noch etwas mehr gezeigt, ohne zu spoilern :)
Die Idee an sich finde ich ja schon sehr cool, hab ich in der Form zumindest noch nicht gelesen oder davon gehört!
Auch die Thematik, mit Medikamenten alles wegzudoktorn ist interessant, je nachdem wie das alles dann weitergeht. Eine abrupte Absetzung bei sowas ist immer kritisch.
Bei anderen hab ich gelesen, dass vor allem gestört hat, dass Julian immer so sehr leidet und quengelt... bzw. dieses Gejammer zuviel wird. Hast du das auch so empfunden?
Dass die Auflösung nicht alle Fragen klärt, das kennt man ja von der Autorin *lach* Das hab ich bei fast all ihren Jugendbüchern so empfunden, leider. Das ist immer irgendwie so ein kleiner Schwachpunkt.
Es scheint auch etwas ruhiger zu sein und erinnert mich daher an "Elanus".
Liebste Grüße, Aleshanee