Rappel im Karton - Mandy Schlundt - Rezension

Verlag: Fischer Sauerländer

Hardcover

ISBN: 978-3-7373-7219-0

 Seiten: 204

Preis: 15,00 €

Übersetzung: -

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 Zahra und ihre Mum Ayen sind neu in Berlin, sie suchen dringend eine Wohnung. Nach endlos langen Schlangen und dutzenden Besichtigungsterminen, sind die beiden ziemlich ernüchtert. Die monatlichen Kosten für eine Wohnung sind viel zu hoch und das Mutter-Tochter-Gespann ist leider auch nicht gerade die erste Wahl für Vermieter. Doch dann lernt Zahra Nike kennen. Die Mädchen verstehen sich sofort und obwohl sie komplett verschieden sind, ist es Freundschaft auf den ersten Blick. Nike will Zahra unbedingt helfen, so greift sie beherzt ein, was zur Folge hat, dass Zahra und ihre Mutter eine Wohnungszusage erhalten, die diese trotz der hohen Miete, dankend annehmen. Das Wiederum setzt eine ziemliche Kettenreaktion in Gang. 

Da "Rappel im Karton" von Mandy Schlundt nach einer sehr besonderen Geschichte klang, war ich extrem gespannt darauf. 

Zu Beginn lernte ich Zahra und ihre Mum Ayen kennen, die gemeinsam in Berlin auf Wohnungssuche sind. Das gestaltet sich allerdings als sehr schwierig, da sich bei jeder Besichtigung Schlangen an Menschen, die sich für dieselben Wohnungen wie die Beiden interessieren, einfinden. Außerdem leben Mutter und Tochter nur zu zweit und sind zudem dunkelhäutig, was ihre Chancen auf eine Wohnung leider nochmals schmälert.

 

Als Zahra bei einer Wohnungsbesichtigung aussetzt und in der Pizzeria darunter auf ihre Mum wartet, lernt sie Nike kennen. Das blondhaarige Mädchen, dass Zahra zunächst für einen Jungen hält, teilt nicht nur ihre Pizza mit ihr, sondern freut sich auch sichtlich sie kennenzulernen. Die Beiden verstehen sich sofort, sodass Zahra definitiv traurig ist, als sie sich wieder von Nike verabschieden muss. Auch Nike möchte ihre neue Freundin nicht gehen lassen und ersinnt daher einen waghalsigen Plan, der tatsächlich aufgeht. Denn Nike ist die Tochter des Vermieters und so bastelt sie kurzer Hand an den Bewerbungsunterlagen herum, wodurch Ayen und Zahra die Wohnung tatsächlich bekommen.    

Auch wenn die monatlichen Kosten extrem hoch sind, ziehen Mutter und Tochter ein, denn Ayen möchte endlich wieder in ihrem erlernten Beruf als Kinderärztin arbeiten, und diese Möglichkeit wird ihr, nach dem Bestehen einer Prüfung, in Aussicht gestellt. Doch zunächst muss diese zwei Jobs annehmen, um die hohen Kosten zu stemmen. So verbringt Zahra viel Zeit alleine, trifft aber bereits kurz nach ihrem Einzug wieder auf Nike, was sie sehr freut.

 Nike taucht zu den unterschiedlichsten Momenten auf, hat oft nur wenig Zeit und doch haben die Mädchen zunächst viel Spaß miteinander. Nike verhilft Zahra sogar zu Möbeln, die es in Berlin fast an jeder Ecke zu geben scheint. Zahra ist dankbar, doch dann kommt es immer wieder zu Momenten in denen Nike, die eigentlich nur helfen will, den Bogen durch manch unbedachte Aussage oder übergriffige Handlungen, überspannt. So kommt es auch zu schwierigen Momenten zwischen den beiden Mädchen, die deutlich machen, wie unterschiedlich sie leben bzw. bisher aufgewachsen sind. Und doch raufen sie sich immer wieder zusammen, da sie einander viel bedeuten. Auch eine kleine Ratte spielt hierbei eine größere Rolle, was schön zu lesen war. 

Die Thematiken arm und reich, sowie dunkel- und hellhäutig, sind den Großteil des Buches sehr präsent. Unterstützung hat sich Autorin Mandy Schlundt hierbei von Juliana Maug geholt, sodass sie sehr sensibel erzählt und somit eine unter die Haut gehende Geschichte geschrieben hat. Denn Zahra wird auf die unterschiedlichsten Weisen, ab und an auch gar nicht böswillig, diskriminiert, was Nike nicht immer bewusst ist, sie aber auch oft extrem empört.

Zahra und ihre Mum haben finanziell nicht viel, doch die Liebe, die sie miteinander verbindet ist stets spürbar und in jeder Handlung sichtbar, selbst dann, wenn die zwei nicht gut aufeinander zu sprechen sind. Ayen ist komplett überarbeitet und daher oft müde und kaputt. Zahra, die ihre Mum nicht belasten will, verheimlicht Dinge vor ihr, die allerdings im weiteren Verlauf wie ein Kartenhaus zusammenbrechen. Dies gilt auch für Nikes größtes Geheimnis, denn natürlich kommt irgendwann nicht nur heraus wer sie ist, sondern auch was sie getan hat.

Nike fehlt es auf den ersten Blick an nichts, denn materiell hat sie alles, was sie benötigt. Ihre Eltern arbeiten allerdings so viel, dass sie so gut wie nie etwas mit ihrer Tochter unternehmen und sie daher auch nicht wirklich kennen. Dennoch ist Nikes Alltag mit exklusiv ausgesuchten Freizeitaktivitäten und wichtigen Dingen, die es zu lernen gilt, regelrecht vollgestopft. Freie Zeit ist für Nike daher kaum vorhanden, sodass sie, auch dank Deals mit dem Aupair, ziemlich erfinderisch ist, um ein wenig für sich freizuschaufeln. 

Selbstverständlich taten mir das Mutter-Tochter-Gespann, vor allem aufgrund der Benachteiligung und der Diskriminierung, die sie oft erfahren, definitiv leid. Geld macht das Leben auf jeden Fall oft leichter und auch schöner! Und doch war es Nike, mit der ich noch mehr litt, denn ihr fehlt, trotz all der Privilegien, noch mehr.

 

So ist die komplette Geschichte sehr mitreißend und bewegend, denn es verändert sich wirklich etwas, es werden Augen geöffnet, neue Wege gesucht, Kompromisse gefunden und Versprechen eingehalten und endlich auch zugehört und verstanden, was wirklich toll zu lesen war. Auch die Freundschaft zwischen Nike und Zahra wird stärker, die Mädchen wachsen an den Erfahrungen, die sie miteinander gemacht haben. Sie schätzen sich gegenseitig noch mehr als zu Beginn und das trotz, oder gerade wegen der Dinge, die sie gemeinsam erlebt haben. 

 

Auch wenn die ernsten und berührenden Szenen überwiegen, gibt es auch humorvolle Augenblicke und wahre Glücksmomente. So endet dieser Einzelband auch genau so, wie ich es mir gewünscht habe, authentisch und wunderbar für beide Mädchen. 

 

 "Rappel im Karton" von Mandy Schlundt erzählt die Geschichte der beiden Mädchen Nike und Zahra, die trotz aller, auch gesellschaftlicher Unterschiede und einiger Schwierigkeiten, zu Freundinnen werden. Getrennt, aber vor allem auch gemeinsam, gehen sie durch einige Tiefen, die letztendlich aber dazu führen, dass sie verstanden werden und das sich, tatsächlich auch etwas essentiell für beide verändert. Ich wurde berührt und mitgerissen, und hatte somit großartige Lesestunden, die noch immer in mir nachhallen. 

 

 

Daher vergebe ich für diesen tiefgreifenden Einzelband 5/5 Flügel/Schwingen! 

 

 

 

 

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